Geschichte Vietnams
Frühgeschichte Vietnams
Es wird angenommen, dass bereits vor 300.000 bis 500.000 Jahren Menschen auf dem Gebiet des heutigen Vietnams lebten. Die älteste und erste bekannte Kultur, die vor 30.000 Jahren in der Region südlich von Hanoi lebte, war die Dieu-Kultur. Auch in dieser Region beheimatet war die Hoa-Binh-Kultur, die sich vor etwa 16.000 Jahren ausbreitete. Zur Steinzeitkultur zählt noch die Bac-Son-Kultur, sie lebte ungefähr 10.000 v.Chr., sie fertigte als erste Kultur Keramik an. Seit ungefähr 3000 v.Chr. war bereits der Bewässerungsanbau für Reis bekannt.
Die Bronzezeit in der Region Vietnams begann etwa um 1500 v.Chr. in der Küstenregion mit der Sa-Huynh-Kultur. Auch die Dong-Son-Kultur, die am Delta des Roten Flusses lebte, fertigten zu dieser Zeit Bronzetrommeln an. Aus der Dong-Son-Kultur entwickelte sich etwa 500 v.Chr. das erste Königreich Vietnams, das Königreich der Viêt. Dieses Königreich lag im heutigen Nordvietnam. Ungefähr 300 v.Chr. wanderten aus der Region des heutigen Südchinas die Âu Viêt ein. Die beiden Völker Âu Viêt und Lac Viêt vermischten sich und im Jahre 258 v.Chr. wurde das Königreich Âu Lac gegründet. Thuc Phán ernannte sich zum König dieses Reiches. Es folgte ein langer Krieg mit dem Volk der Qin. Zhào Tuó, der General der Qin besiegte Thuc Phán im Jahr 208 v.Chr., rief sich selbst zum neuen König aus, er nannte sein neues Königreich Nam Viêt. Die chinesischen Truppen unter Hàn Wǔdìs eroberten im Jahr 111 v.Chr. Nam Viêt und gliederten es als Präfektur in das Chinesische Reich ein. Während dieser Zeit übernahm das Volk viele technische Errungenschaften der Chinesen unter anderem aus der Baukunst, der Viehhaltung sowie dem Reisanbau. Es kam in den folgenden Jahrhunderten immer wieder zu Aufständen sowie Zeiten der Unabhängigkeit und im Jahr 679 n.Chr. erhielt die Präfektur den Namen An Nam.
Frühe Dynastien in Vietnam
Als im 10. Jahrhundert die Tang-Dynastie in China zusammen brach, nutzte An Nam diese Schwächephase und es entstand im Jahr 938 der erste vietnamesische Staat unter Ngo Quyen. Bis 1010 wechselten sich mehrere Dynastien ab und danach beherrschte die Ly-Dynastie den neuen Staat Dai Viêt. Der König Ly Thai To setzte sich erfolgreich gegen die Chinesen, Cham und Khmer zur Wehr. Das Staatswesen entstand nach dem chinesischen Vorbild, es wurde allerdings auf eigene Bedürfnisse zugeschnitten.
Seit dem Jahr 1125 verteidigte die Tran-Dynastie ihr Land in einer Allianz mit dem Volk der Cham erfolgreich gegen die Chinesen und sicherten ihre Unabhängigkeit. Als allerdings die Hô-Dynastie um 1400 an die Macht kam, fiel Vietnam kurzfristig wieder unter chinesische Herrschaft. China stand zu diesem Zeitpunkt unter der Herrschaft der Ming-Dynastie und diese zerstörte bewusst das vietnamesische Literaturerbe, um das Volk chinesisch zu formen oder zu sinisieren. Von 1427 bis 1789 regierte die Lê-Dynastie das Land. Während dieser Zeit wurden die vietnamesischen Traditionen wieder betont, allerdings dominierte der Konfuzianismus den Staat. Die Eroberung Champas vergrößerte das vietnamesische Reich bis an den Mekong. Einflussreiche Händlerfamilien und Europäer, die seit 1516 präsent waren, hatten großen Einfluss auf das Königshaus. Franziskaner und Jesuiten kamen in das Land, diese europäischen Missionare brachten neue Technologien und Religionen mit. Ein Jesuit entwickelte Quóc Ngúr, die bis heute benutzte vietnamesische Schrift. Sie basiert auf lateinische Buchstaben.
Nachdem im Jahr 1765 die Tay-Son-Rebellion ausbrach, übernahm im Jahr 1789 der Prinz Nguyén Ánh, aus der Händlerfamilie Nguyén, mit französischer Hilfe das Land und ernannte sich selbst zum Kaiser. Als Kaiser Gia Long änderte er den Namen des Landes in Viêt Nam. Die Hauptstadt wurde nach Hué verlegt. Gia Long ließ sich von den Franzosen beraten und es wurden große Verteidigungs- und Infrastrukturprojekte in Angriff genommen, die allerdings auch die Staatskasse leerten.
Die französische Kolonialherrschaft in Vietnam
Um den Seeweg nach China zu sichern, wuchs für die Europäer die Bedeutung Indochinas. Im August 1858 erschien ein französisches Flottengeschwader vor der vietnamesischen Hafenstadt Tourane. Der Mandaringouverneur sollte die Stadt an die Franzosen übergeben. Nach seiner Weigerung wurden die Forts der Bucht gewaltsam besetzt. Zwar wurden die Franzosen wieder aus Tourane vertrieben, aber sie hatten Saigon erobert und brachten im Laufe der folgenden Jahre weitere Gebiete unter ihre Kontrolle. Durch Bauernunruhen in Tongking und die militärischen Erfolge der französischen Armee sah sich der Kaiser im Juni 1862 gezwungen, einen Vertrag mit Frankreich zu unterzeichnen. An Frankreich wurden die drei nördlichen Provinzen Cochinchinas abgetreten. Zusätzlich musste Vietnam Reparationen an Frankreich zahlen, die Franzosen durften missionieren und Handel mit einigen Hafenstädten am Mekong treiben.
Frankreich erhöhte die Steuern kontinuierlich und bis 1879 hatten sich die Steuern für die Bevölkerung Cochinchinas verzehnfacht. Zusätzlich nahmen die Franzosen Geld aus dem Reisexport ein. Vorher durfte kein Reis, aus Angst vor einer Hungersnot, exportiert werden. Es war den Bauern nicht möglich einen Vorrat anzulegen und außerdem wurden sie von Frankreich zur Zwangsarbeit verpflichtet. Die Aufstände der Bevölkerung wurden von den Franzosen grausam niedergeschlagen. Nachdem die Franzosen feststellten, dass der Rote Fluss und nicht der Mekong nach China führten, besetzten sie 1872 ebenfalls die Region Tongking. Zwar räumten die Franzosen aufgrund des Vertrages vom 15. März 1874 Tongking wieder, aber sie behielten das Recht, den Roten Fluss zu befahren und es mussten Häfen für den Handel mit Frankreich geöffnet werden. Außerdem musste Vietnam die Annexion der im Jahr 1867 besetzten Gebiete anerkennen und sie verpflichteten sich, ihre Außenpolitik mit Frankreich abzustimmen. Zusätzlich hatte Frankreich das Recht bei der Landesverteidigung sowie bei der Erhaltung der inneren Ordnung zu helfen. Diese Beschränkungen der Souveränität lösten natürlich einen Aufstand in Tongking aus. Der Aufstand wurde von Frankreich niedergeschlagen und Hué wurde unter Androhung militärischer Gewalt gezwungen, am 25. August 1883 einen vorläufigen sowie am 6. Juni 1884 einen endgültigen Protektoratsvertrag zu unterzeichnen. Dadurch verlor Vietnam seine Selbstständigkeit, Paris sah es allerdings nur als Zwischenstufe ihres Ziels zur endgültigen Annexion Vietnams.
Im Widerspruch zum Protektoratsvertrag wurde der vietnamesische Kaiser gezwungen einen französischen Vizekönig einzusetzen und seine Herscherrechte abzutreten. Die Franzosen begannen eine französische Verwaltung in ganz Vietnam aufzubauen. Es bildete sich eine Widerstandsbewegung mit Hilfe den kaisertreuen konfuzianischen Gelehrten. Überall im Land brachen Aufstände aus. Allerdings wurde diese Rebellion durch grausame Maßnahmen der Franzosen niedergeschlagen. Die Franzosen schufen die Garde Indigène, eine koloniale Hilfstruppe. Paul Doumer, Generalgouverneur von 1897 bis 1902, zentralisierte energisch den Repressionsapparat. Das von Paul Doumer geschaffene System zur finanziellen Ausbeutung des Landes sowie der politischen Herrschaft über Vietnam hielt sich bis 1945.
Während dieser Zeit bildeten sich zahlreiche kommunistische und revolutionäre Organisationen, die Widerstand gegen die Besatzungsmacht leisteten. Sie wurden alle von den Franzosen niedergeschlagen. Im Jahr 1930 schlossen sich allerdings einige dieser Gruppen unter der Führung Ho Chi Minhs zur “Kommunistischen Partei Indochinas“ zusammen. Ho Chi Minh hatte während seines Studiums in Europa die Ideen des Kommunismus kennen gelernt. Allerdings wurden viele Mitglieder nach dem Yen-Bai-Aufstand, der 1930 missglückte, hingerichtet. Erst 1941 kehrte Ho Chi Minh aus dem Exil nach Vietnam zurück, als Vietnam unter dem Einfluss Japans stand. Die Widerstandgruppen schlossen sich zur “Liga für die Unabhängigkeit Vietnams, Viêt Minh“ zusammen, um den französischen Kolonialismus sowie den japanischen Imperialismus abzuwehren. Im März 1945 beendeten die Japaner die französische Kolonialverwaltung und sie ernannten Bao Dai zum neuen Kaiser. Unterstützt wurden die Viêt Minh unter Ho Chi Minh von den USA, damit sie die Japaner bekämpften.
Der Kaiser Bao Dai dankte, nachdem Japan kapitulierte, im August 1945 ab. Bereits am 2. September 1945 wurde nach der Augustrevolution von Ho Chi Minh die “Demokratische Republik Vietnam“ proklamiert. In der Unabhängigkeitserklärung wurde Bezug auf die “Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von 1776“ sowie auf die “Deklaration der Menschen- und Bürgerrechte der französischen Revolution“ genommen. Die erste unabhängige Republik in Südostasien war somit Vietnam. Allerdings gehörte Vietnam aufgrund der Potsdamer Konferenz zum Herrschaftsbereich der Briten. Die Briten baten die besiegten Japaner, die Aufstände im Süden Vietnams niederzuschlagen und im September 1945 entwaffneten nationalchinesische Truppen aus dem Norden die Japaner. Obwohl ein Friedensvertrag mit den Viêt Minh geschlossen wurde, erzwangen die Franzosen 1945 wieder die Errichtung eines kolonialen Regimes in Südvietnam und bereits im Oktober 1945 landeten französische Truppen in Saigon. Gemeinsam übergaben die Briten und Chinesen Vietnam an Frankreich.
Französischer Indochinakrieg
Zur Viêt Minh gehörten die bürgerlichen Kräfte in Vietnam ebenso, wie die kommunistisch gesinnten jungen Intellektuellen. Ihr Ziel war die Unabhängigkeit Vietnams von der Kolonialherrschaft Frankreichs. Ho Chi Minh konnte die Menschen begeistern und er wurde zum Führer der Unabhängigkeitsbewegung. Frankreich verfolgte sein Ziel und wollte die ehemalige Kolonie wiederbekommen, die Viêt Minh verfolgten als Ziel die Unabhängigkeit Vietnams. Frankreich stellte seine Hoheit im Süden Vietnams 1945 wieder her, allerdings wurde im März 1946 ein Kompromiss mit der Viêt Minh geschlossen, der im Rahmen der Union Française die Unabhängigkeit Vietnams akzeptierte. Im Dezember 1946 wollten die Franzosen allerdings den Status einer Kolonie wiederherstellen und bekämpften die Viêt Minh. Es begann der Französische Indochinakrieg, der bis 1954 dauern sollte, da die Franzosen die Kampfkraft der Viêt-Minh-Organisation unterschätzt hatten. Mit Hilfslieferung aus dem kommunistischen China gelang es den Viêt-Minh die Franzosen aus dem Norden Vietnams, Tongking, zu vertreiben. Dir Franzosen wiederum wurden von den USA unterstützt. Nachdem die französische Kolonialarmee bei der “Schlacht von Diên Biên Phu“ im Frühjahr 1954 vernichtend geschlagen wurde, gab es endlich Friedensverhandlungen. Die Teilung Vietnams wurde am 21. Juli 1954 auf der Indochinakonferenz beschlossen. Nordvietnam, welches bis zum 17. Breitengrad reichte, stand unter der Führung Ho Chi Minhs, während Südvietnam von Ngô Dinh Diêm regiert wurde. Im Abkommen wurden freie Wahlen für den Juli 1956 vorgesehen, die eine gemeinsame Regierung für ganz Vietnam legitimieren sollte. Die Umsetzung wurde von Polen, Indien und Kanada überwacht. Trotz des Sieges für Ho Chi Minh erwiesen sich die Friedensverhandlungen für die Viêt Minh als Niederlage. Allerdings erkannte die USA das Abkommen nicht an.
Die vorgesehenen Wahlen wurden von Ngô Dinh Diêm, der von den USA beraten wurde, verhindert, er rief im Oktober 1955 die Republik Vietnam aus. Wahrscheinlich befürchteten die Amerikaner einen Wahlsieg des kommunistischen Ho Chi Minhs. Ngô Dinh Diêm versuchte seine Macht durch Bestechung und Niederschlagung der Sekten Cao Dai, Binh Xuyen und Hoa Hao zu festigen. Danach begann er Regimegegner, meistens Mitglieder der Viêt Minh, zu verfolgen. Diese brutalen Tötungen waren der Auslöser des Vietnamkrieges.
Vietnamkrieg oder Zweiter Indochinakrieg
In Südostasien wird der Vietnamkrieg als Amerikanischer Krieg bezeichnet. Die als Provisorium gedachte Trennung Vietnams führte zu einem Bürgerkrieg. Allerdings sahen die USA diesen Bürgerkrieg als eine Bedrohung ihrer Interessen an. Im Frühjahr 1965 begann die Bombardierung Vietnams durch die USA und die ersten US-Kampftruppen landeten. Die Grundlage für den Kriegseintritt der USA war der gefälschte Tonkin-Zwischenfall von 1964. Nordvienam wurde von der Volksrepublik China und der Sowjetunion unterstützt. Da die USA ihr Ziel, sie wollten den Süden stabilisieren, nicht erreichen konnten, zogen sie von 1969 bis 1973 ihre Truppen wieder ab. Saigon wurde im April 1975 von nordvietnamesischen Truppen eingenommen, welches die Wiedervereinigung Vietnams zur Folge hatte.
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