Flora Vietnams
Zwei Drittel der Fläche Vietnams waren ursprünglich von dichtem, tropischem, immergrünem Wald bedeckt, zwei Drittel aus denen längst ein Drittel geworden ist, weil der Mensch auf verschiedene Arten seine Bedürfnisse angemeldet und umgesetzt hat. Der Wald Vietnams, oder besser gesagt die in den verschiedenen Regionen und auf verschiedenen Höhenlagen und klimatischen Bedingungen befindlichen Wälder Vietnams zeichnen sich durch eine einmalige Artenvielfalt und auch Artendichte aus, über die Wissenschaftler wohl nie einen vollständigen Überblick haben werden.
Der Wald stellt für die Vietnamesen seit jeher eine wichtige wirtschaftliche Basis dar. Durch Brandrodung, Feuerholz- und Holzkohlegewinnung der aufstrebenden, wachsenden Bevölkerung, die zu einem beachtlichen Teil bis heute auf den Wald angewiesen ist, ist der ursprüngliche Urwald mit seinen kostbaren Hölzern, Früchten, Orchideen, Heilkräutern und Gewürzen natürlich akut bedroht.
Wie immer in solchen Fällen geht die eigentliche Bedrohung jedoch auch von dem aus, was wir den internationalen Markt nennen. Beginnend mit den ersten europäischen Kolonialmächten in diesem Teil der Erde sind die Reichtümer des Landes, sowohl Bodenschätze als auch zum Teil extrem langsam nachwachsende Rohstoffe, außer Landes gebracht worden, ohne dass ein praktisches Äquivalent geblieben wäre.
Hinzu kommen die großen Kriege, die Vietnam über sich ergehen lassen musste und die auch in der Natur ihre Spuren hinterließen. Der berühmteste Einsatz eines Herbizides zu Kriegszwecken, des Giftes Agent Orange zur Entlaubung der Urwälder, hat in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in Vietnam stattgefunden und große Schäden, natürlich zuallererst bei den Menschen, angerichtet.
Ein komplexes Problem Vietnams ist auch der stetige Verlust der Mangrovenwälder im Mekong-Delta. In Schwemmgebieten wie diesem bilden Mangroven einen natürlichen Schutz der ohnehin schon mäandernden Küstenlinien, die Wälder in Feuchtgebieten, die sich kaum von selbst erholen können, wurden teilweise im Krieg zerstört, werden nur Brennholzgewinnung und auch für Shrimpsfarmen der blühenden Exportnation Vietnam beseitigt.
Es gibt, das soll nicht unterschlagen werden, ebenfalls eine gegenläufige Entwicklung. Zum einen existieren einige alte Nationalparks, deren Schutz und Größe wo möglich ausgeweitet werden, zum anderen setzt man in Vietnam zunehmend auf sanften Tourismus als Wirtschaftszweig. Das Land befindet sich in dem Zwiespalt, den man überall auf der Welt findet: der fällige wirtschaftliche Anschluss der Vietnamesen geht geradezu automatisch auch zu Lasten der Natur. Nun muss dafür gesorgt werden, dass so wenig Natur wie nur nötig geopfert wird und dieses Opfer wirklich den Vietnamesen zugute kommt. Vielleicht hilft ja die Erkenntnis, dass die unüberschaubare Artenvielfalt Vietnams mit ziemlicher Sicherheit einige wichtigen Antworten auf zukünftige medizinische Probleme der Menschheit bereithält und es der Menschheit einiges wert sein sollte, dieses Pfund in der Hand zu behalten.